Nicht jeder, der einen Fön halten kann, ist ein Trockner!
Wasser- und Feuchteschäden im Hochbau verursachen alljährlich Aufwendungen in Milliarden Höhe. Die Aufwendungen für die Regulierung von Leitungswasserschäden lagen nach Angaben des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft 2017 bei 2.760 Mio. €. Zusätzlich gibt es einen nicht unerheblichen Teil von nicht versicherten Schäden, die vom Eigentümer selbst zu tragen sind. Die Schadenursachen lassen sich dabei vom Grundsatz her einfach kategorisieren. Neben dem klassischen Leitungswasserschaden sind es Nutzungsfehler, Katastrophenfälle sowie defekte und Verschleiß.
Die daraus resultierenden Schadenprozesse lassen sich in physikalische, chemische und biologische Prozesse differenzieren, die sich je nach Bausubstanz und betroffenen Baustoffen in unterschiedlichen Ausprägungen und Kombinationen zeigen. Die Auswirkungen auf Gebäude, Inventar und Bewohner sind dabei oft erheblich.
Seit den 1980er Jahren hat sich zur Unterstützung des natürlichen Trocknungsprozesses die Nutzung technischer Geräte als zunehmend feste Größe in der Handhabung von Wasser- und Feuchteschäden etabliert. De Aufgabenstellung war immer klar: Es ging um die Minimierung des Schadenumfangs und des Nutzungsausfalls von Gebäuden und Inventar. Seit Ende der 1990er Jahre kam mit dem Thema der mit der Feuchtigkeit einhergehenden Belastung durch Schimmelpilzschäden eine zusätzliche Betrachtungsebene ins Spiel.
Waren es zu Beginn nur wenige (Fach-)Firmen, die sich dem Thema der technischen Trocknung widmeten, stieg die Zahl der Anbieter bis zum Jahre auf unter 500 Unternehmen. Heute werden Zahlen von über 4000 Unternehmen genannt, die sich dieser Herausforderung widmen.
Der Mix von steigenden Wasserentnahmestellen, veränderten Bauweisen und Materialeinsätzen haben vor dem Hintergrund der lockenden Milliarden-Umsätze einen Markt geschaffen, der von großer Dynamik geprägt ist. Immer neue Akteure, komplizierter werdende Prozesse und ein zunehmender Preisdruck prägen die Dynamik dieses Marktes.
Die alleinige Betrachtung der Schadenstatistik bringt aber langfristig keine strukturierte Lösung hervor. Zu einem nachhaltigen Lösungsansatz gehört neben der isolierten Einzelbetrachtung zunehmend eine auf das Gesamtsystem Hochbau ausgerichtete systemorientierte Sichtweise.
Für vom Schaden Betroffene, für Versicherer, Sanierer, Sachverständige und Juristen ergibt sich so eine perspektivisch neue Sichtweise. Vor dem Hintergrund der Forderung nach Ressourcenschonung und Nachhaltigkeit im Umweltschutz wird ein regelrechter gemeinsamer Paradigmenwechsel zum erfolgreichen Bewältigen aller Herausforderungen von Nöten sein. Dabei sind einheitliche Spielregeln genauso von Bedeutung wie eindeutige Orientierungsgrößen für die Anwendung von Trocknungstechnik und -verfahren.
Freitag, 18. September 2020
15.30-16.15
Impulsvortrag 1
Technische Trocknung bei Wasser- und Feuchteschäden: Ein Markt im permanenten Wandel - wo geht die Reise hin?
Dr. Ernst J. Baumann