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BGH: Sicherheitsvorschriften und Sachverständige

Der Kläger forderte Versicherungsleistungen nach einem Brandschaden an einem Wohngebäude. Die Beklagten, die Versicherer, verlangten widerklagend die Rückzahlung geleisteter Vorschüsse. Der BGH hob das Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Celle auf und verwies die Sache zur neuen Verhandlung zurück.

Kurzfassung des Urteils IV ZR 350/22 des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 25. September 2024:

 

Hauptpunkte des Urteils:

1. Vertragsklausel zur Einhaltung von Sicherheitsvorschriften:

  • Die Klausel in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen (VGB 2014), die dem Versicherungsnehmer die Einhaltung aller gesetzlichen, behördlichen und vertraglich vereinbarten Sicherheitsvorschriften auferlegt, wurde als transparent und nicht unangemessen bewertet.

2. Obliegenheitsverletzung:

  • Der Kläger hatte einen Pizzaofen ohne die erforderliche behördliche Abnahme in Betrieb genommen, was die Beklagten als arglistige Obliegenheitsverletzung ansahen.
  • Das Berufungsgericht hatte keine ausreichenden Beweise für eine arglistige Täuschung oder vorsätzliche Obliegenheitsverletzung durch den Kläger gefunden.

3. Teilurteil und Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen:

  • Das Berufungsgericht hatte ein unzulässiges Teilurteil gefällt, da die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen bestand.

4. Zurückverweisung:

  • Die Sache wurde zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen, um weitere Feststellungen zu treffen, insbesondere zur Verletzung gesetzlicher oder behördlicher Sicherheitsvorschriften und zur Arglist des Klägers.

Anmerkung zur Arbeit der Sachverständigen bei der Schadenbearbeitung

Die Arbeit der Sachverständigen spielt eine zentrale Rolle bei der Schadenbearbeitung, insbesondere bei der Feststellung von Obliegenheitsverletzungen und der Bewertung der Einhaltung von Sicherheitsvorschriften. In diesem Fall war die Beurteilung des Sachverständigen, ob der Pizzaofen ordnungsgemäß abgenommen wurde, entscheidend. Die genaue und objektive Dokumentation durch Sachverständige kann maßgeblich dazu beitragen, den Sachverhalt klarzustellen und die Entscheidungsfindung zu unterstützen.

Neue Verhandlung und Entscheidung beim Berufungsgericht

  • Dabei müssen die bisherigen Feststellungen überprüft und gegebenenfalls neue Beweise erhoben werden.

Prüfung der Sicherheitsvorschriften:

  • Das Gericht wird untersuchen, ob der Kläger gesetzliche oder behördliche Sicherheitsvorschriften verletzt hat, insbesondere im Zusammenhang mit dem Pizzaofen und den Brandschutzvorschriften.

Das Urteil könnte mehrere Auswirkungen auf andere Fälle haben, insbesondere im Bereich der Wohngebäudeversicherung und der allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB). Hier sind einige mögliche Auswirkungen:

Klarstellung der Transparenzanforderungen:

  • Das Urteil stellt klar, dass Klauseln in den AVB, die die Einhaltung gesetzlicher, behördlicher und vertraglicher Sicherheitsvorschriften verlangen, transparent und wirksam sein können. Dies könnte Versicherer dazu ermutigen, ähnliche Klauseln in ihre Verträge aufzunehmen, solange sie klar und verständlich formuliert sind.

Stärkung der Position der Versicherer:

  • Versicherer könnten sich durch dieses Urteil bestärkt fühlen, striktere Sicherheitsvorschriften und Obliegenheiten in ihre Verträge aufzunehmen, da das Gericht bestätigt hat, dass solche Klauseln nicht per se unangemessen sind.

Erhöhung der Anforderungen an Versicherungsnehmer:

  • Versicherungsnehmer müssen sich der Bedeutung der Einhaltung aller relevanten Sicherheitsvorschriften bewusst sein, da Verstöße zu einem Verlust des Versicherungsschutzes führen können. Dies könnte zu einer verstärkten Sensibilisierung und Vorsicht bei der Einhaltung solcher Vorschriften führen.

Einfluss auf die Beweislastverteilung:

  • Das Urteil verdeutlicht die Anforderungen an die Beweislastverteilung bei behaupteten Obliegenheitsverletzungen und arglistigem Verhalten. Dies könnte in zukünftigen Fällen als Präzedenzfall dienen, wie Gerichte die Beweislast zwischen Versicherern und Versicherungsnehmern aufteilen.

Präzedenzfall für Teilurteile:

  • Die Entscheidung, dass das Berufungsgericht ein unzulässiges Teilurteil gefällt hat, könnte Auswirkungen auf die Praxis der Gerichte haben, Teilurteile zu fällen. Gerichte könnten vorsichtiger sein, um die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen zu vermeiden.

Einfluss auf die Rolle von Sachverständigen:

  • Die Bedeutung der Arbeit von Sachverständigen bei der Feststellung von Obliegenheitsverletzungen und der Bewertung der Einhaltung von Sicherheitsvorschriften wird hervorgehoben. Dies könnte die Anforderungen an die Genauigkeit und Objektivität der Gutachten in Versicherungsfällen erhöhen.

Diese Auswirkungen werden u.E. dazu beitragen, die Rechtsprechung im Bereich der Versicherungsbedingungen und der Schadenbearbeitung weiter zu präzisieren und zu standardisieren.

 

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