Architektur erfüllt praktische, ästhetische und symbolische Funktionen.
Diese Betrachtung kommt bei Schadenregulierungen häufig zu kurz.
Die beschädigten Dinge werden häufig auf technische Funktionen reduziert, eine sehr eindimensionale Betrachtung der Architektur, die Vitruv vor über 2000 Jahren schon als triadische Relationen von Bauaufgabe, Form und Technik beschrieben hat.
Das Urteil weckt Hoffnungen, wenn sich die Richter jetzt auch noch an symbolische Funktionen wagen, durch die Gebäude erst zur Kunst werden.
Das Urteil des Landgerichts Lübeck verdeutlicht wichtige Aspekte bei der Regulierung von Wasserschäden, insbesondere in Bezug auf ästhetische Gesichtspunkte:
Vollständige Erneuerung des Parketts gerechtfertigt
Das Gericht entschied, dass eine vollständige Erneuerung des Parketts in diesem Fall gerechtfertigt war, dabei waren folgende Gründe ausschlaggebend:
- Eine Teilerneuerung hätte zu optisch unzumutbaren Brüchen geführt.
- Der Sachverständige stellte fest, dass das beschädigte Parkett aufgrund der Feuchtigkeitsschäden nicht repariert werden konnte.
- Die ursprüngliche Parkettsorte und -größe war nicht mehr verfügbar, was einen Teilaustausch zusätzlich erschwerte.
Die Entscheidung stärkt die Position von Versicherten, die bei umfangreichen Schäden auf einen Komplettaustausch bestehen, wenn dieser aus ästhetischen Gründen notwendig erscheint.
Differenzierte Betrachtung bei Tapeten
Bei den Tapeten fällte das Gericht eine differenziertere Entscheidung:
- Im Esszimmer wurde ein Komplettaustausch der Tapeten als erforderlich erachtet.
- Der optische Bruch zwischen Esszimmer und Wohnzimmer wurde hingegen als hinnehmbar angesehen.
- Eine vollständige Neutapezierung des gesamten Wohnbereichs war demnach nicht notwendig.
Dies zeigt, dass bei der Beurteilung von ästhetischen Aspekten jeder Raum und jedes Material individuell betrachtet werden muss.
Bedeutung von Sachverständigengutachten
Das Urteil unterstreicht die Wichtigkeit von Sachverständigengutachten bei der Schadensregulierung:
Das Gericht stützte seine Entscheidung maßgeblich auf das eingeholte Sachverständigengutachten.
Dies verdeutlicht, wie wichtig es für Versicherte sein kann, bei Streitigkeiten mit der Versicherung einen unabhängigen Sachverständigen hinzuzuziehen.
Fazit für Versicherte
Dieses Urteil hat wichtige Implikationen für Versicherte:
- Bei umfangreichen Schäden, die zu ästhetischen Beeinträchtigungen führen, können Versicherte auf einen Komplettaustausch bestehen, wenn dieser begründet ist.
- Es ist ratsam, bei Streitigkeiten mit der Versicherung ein unabhängiges Sachverständigengutachten einzuholen.
- Jeder Schadensfall wird individuell betrachtet. Was in einem Raum als notwendig erachtet wird, muss nicht zwangsläufig für andere Räume gelten.
- Eine detaillierte Dokumentation des Schadens und eine gründliche Begründung der Ansprüche sind entscheidend für eine erfolgreiche Regulierung.
- Im Zweifelsfall sollten Versicherte nicht zögern, ihre Rechte auch gerichtlich durchzusetzen, wenn die Versicherung eine angemessene Regulierung verweigert.
- Dieses Urteil stärkt insgesamt die Position von Versicherten bei der Regulierung von Wasserschäden, insbesondere wenn es um ästhetische Aspekte geht. Es zeigt jedoch auch, dass jeder Fall individuell betrachtet werden muss und eine pauschale Lösung selten angemessen ist.
Mit praktischen, ästhetischen und symbolischen Funktionen in der Architektur und bei "Architektur kaputt" beschäftigen wir uns in unserem Seminar SchadenSemiotik:
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