Die Wertminderung materieller Güter ist gut zu ermitteln, anders verhält es sich immateriellen Gütern. Hier kann die mittlere Wertminderung helfen.
Neuwert - Zeitwert, Abwertung nach Alter und Abnutzung
anlässlich des Sachschadentages 2005 (Vorläufer SchadenSymposium) in Dresden den interessierten Fachkreisen vorgestellt.
Die damals anwesenden Sachverständigen sind meinen Ausführungen gefolgt, seither habe ich die Methode in meinen Gutachten eingeführt und auch in die Lehre entsprechend aufgenommen.
Problemdarstellung
Das Problem liegt darin, dass es bei der Bewertung von Schäden Leistungen gibt, die sowohl für Reparaturpositionen wie für den Ersatz von Bauteilen benötigt werden. Bei den Reparaturen haben wir
üblicherweise keine Abminderung in der Form „Neu für Alt“ vorzunehmen, anders verhält es sich bei den Ersatzpositionen. Abwerten können wir zuerst nur Sachen oder Dinge, da die auch bewertet
werden können. Wie verhält es sich aber mit den Positionen, die keine „Sachen“, also eher virtuell sind? Hier empfehle ich, diese Positionen doch eindeutig zuzuordnen -wenn dies möglich ist- um
eine gemeinsame Abminderung vornehmen zu können. Das wären z.B. Gerüstkosten für die Verkleidung einer Hauswand; wenn die neue Verkleidung abgemindert wird, werden die Gerüstkosten mit
abgemindert.
Sehr häufig ist dies aber nicht möglich, sie benötigen z.B. Strom für die Reparaturen wie für Ersatzpositionen.
Welche Leistungen sind meist betroffen von diesen Überlegungen (Positionen, die keine Sachpositionen sondern Hilfspositionen sind):
- Architekten- und Ingenieurleistungen
- SiGeKo - Leistungen
- Gerüstarbeiten
- Reinigungsarbeiten
- Energiekosten (nicht für die Trocknung)
- Baustelleneinrichtung
- Nebenkosten
Begriffsdefinition
Begrifflich könnten die beiden Arten der Positionen unterschieden und definiert werden mit
- materieller Sachschaden und
- immaterieller Sachschaden
Der materielle Sachschaden definiert die Schadenspositionen, die sich umschreiben lassen mit Begriffen wie stofflich, körperlich, physisch, berührbar, zerstörbar, beschädigbar, es sind die
Positionen, die wir vor Ort vorfinden und bewerten können.
Der immaterielle Sachschaden lässt sich umschreiben mit Begriffen wie nichtdinglich, gegenstandslos, nur in der Vorstellung vorhanden, nur gedacht, unstofflich, unkörperlich,
geistig.
Durch die Wiederbeschaffung bzw. Wiederherstellung des materiellen Sachschadens sind immaterielle Leistungen (immateriellen Sachschaden) erforderlich wie Architekten- und Ingenieurleistungen aber
auch Baugewerke wie Baustelleneinrichtungen, Gerüstarbeiten etc.
Letztere als immateriell zu bezeichnen erscheint unlogisch, allerdings sind diese Leistungen beim Schadeneintritt nicht vorhanden, werden nicht direkt beschädigt. Diese Positionen könnte man als
temporär-materielle Leistungen (nämlich während der Bauphasen) bezeichnen. Im Schadensfall sind sie aber im Allgemeinen nicht als Sache versichert (Ausnahmen Gebäudezubehör bzw. weiteres
Gebäudezubehör).
In der Schadenbewertung scheint es aber nicht erforderlich zu sein, auf diese Unterscheidung einzugehen.
Erfordernis der mR
Es stellt sich offensichtlich immer wieder die Frage, ob es erforderlich ist, einige Positionen mit der mittleren Wertminderung abzuwerten oder nicht. Hier kann sich für einen Sachverständigen
sehr schnell ein Haftungsproblem einstellen:
In einem Sach/Haftpflichtfall wird ein Gebäude zerstört. Der Neubauwert beträgt 1 Million €, das Gebäude selbst ist in einem desolaten Zustand, der Wert liegt Richtung 0 und Sie ermitteln noch
einen Zeitwert von 1.000,00 €. Das Gebäude wieder neu zu erstellen kostet neben der Million € noch 100.000,00 € Architekten- und Ingenieurleistungen. Wenn Sie diese Leistungen nicht mit der
mittleren Wertminderung abmindern, würden Sie dem Sachversicherer empfehlen, 1.100.000,00 € als Neuwertschaden auszuzahlen.
Der Zeitwert wären dann 1.000,00 € zuzüglich Nebenkosten, die ohne Abminderung ja bei 100.000,00 € liegen; dass der Zeitwert mit 101.000,00 € falsch berechnet wäre, ist offensichtlich.
Bei der Fragestellung handelt es sich natürlich auch um ein juristisches Problem; Urteile sind allerdings nicht bekannt. Allerdings gibt es keine Argumente, um -im von mir überspitztem Beispiel-
die vollen Nebenleistungen zum Zeitwert hinzuzurechnen - immer mit dem Argument, dass diese Leistungen ja zum Wiederaufbau erforderlich seien.
Die Sachversicherungsbedingungen geben dazu nichts her, hier finden sich nur die allgemeinen Hinweise, dass sich der Zeitwert aus dem Neuwert errechnet, abzüglich eben einer Wertminderung aus
Alter und/oder Abnutzung.
Die nichtdinglichen, immateriellen Positionen eines Schadens verlieren mit der Zeit oder mit der Abnutzung auch an Wert und zwar in dem Verhältnis, wie die dazu gehörenden haptischen Positionen.
Die Ermittlung
Das Verhältnis der Summe aller ermittelten Neuwerte zur abgeminderten Summe aller Positionen (Neuwert-Zeitwert) ergibt die mittlere Wertminderung mR
Wenn nun die Hilfspositionen mit diesem ermittelten Wert abgemindert werden, bleibt die mittlere Wertminderung auch im Ergebnis konstant.
Beispiel Ermittlung mittlere Wertminderung:
Position | Neuwert in € | Abminderung in % | Zeitwert in € | |
Materieller Sachschaden | Reparatur 1 | 5.000,00 | 0 | 5.000,00 |
Reparatur 2 | 5.000,00 | 0 | 5.000,00 | |
Ersatz 1 | 5.000,00 | 10 | 4.500,00 | |
Ersatz 2 | 5.000,00 | 90 | 500,00 | |
Zwischensumme | 20.000,00 | 15.000,00 | ||
Ermittlung mittlere Wertminderung mR |
20.000,00 = 100 % Abgeminderte Summe 20.000-15.000 = 5.000,00 = 25% vom Neuwert |
25 | ||
Immaterieller Sachschaden | Summe der Positionen | 10.000,00 | 25 | 7.500,00 |
Gesamtschaden | Ergebnis | 30.000,00 | - | 22.500,00 |
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